JOURNAL FÜR DIE APOTHEKE

Von wegen unmöglich – Wie der Apothekenverkauf gelingen kann

Ein Bild, das in vielen Apotheken heutzutage gang und gäbe ist: Die Inhaber sind Mitte 50, der Ruhestand ist zwar noch mindestens fünf Jahre entfernt, gesundheitliche Einschränkungen beeinträchtigen den täglichen Betrieb in der Apotheke jedoch heute schon. Oder finanzielle Engpässe machen einen Verkauf der Apotheke gar unumgänglich. Dann ist jetzt – und keinen Tag später – der Zeitpunkt, sich mit dem Verkauf der eigenen Apotheke auseinanderzusetzen. Da sich gerade in dieser Branche der Markt in den vergangenen Jahren stark verändert hat, hängt es nun von ganz speziellen Faktoren ab, ob man sein Lebenswerk für gutes Geld veräußern kann oder nicht. Mit Geschick und der richtigen Vorbereitung kann der erfolgreiche Apothekenverkauf durchaus gelingen. Neben dem perfekten Timing können viele weitere Faktoren zu einem zufriedenstellenden Ergebnis beitragen. Welche das sind und welche möglichen Stolperfallen man unbedingt vermeiden sollte, erläutert Apothekenexperte Bernd Schubert.

Auf dem Laufenden bleiben

Selbst wenn der Apothekenbetrieb nach wie vor zufriedenstellend läuft, die Kunden täglich zahlreich kommen und die Umsätze stabil sind, bedeutet das keinesfalls, dass dies auch in Zukunft so bleiben wird. Die gegenwärtige Handelslandschaft wandelt sich immer rasanter, was heute noch gut funktioniert, kann morgen bereits vollkommen anders aussehen.

So könnte es zum Beispiel sein, dass eine Arztpraxis in der Nähe, die lange Jahre ein zuverlässiger Partner der Apotheke war, keinen Nachfolger findet und deshalb schließen muss. Mit dem Wegfall der Arztpraxis wird auch der Kundenstamm der Apotheke verschwinden. Ein weiteres Risiko besteht darin, dass ein Wettbewerber in der Nachbarschaft neu eröffnet. Modernere und barrierefreie Räumlichkeiten, besseres technisches Equipment sowie Parkplätze direkt vor der Tür stellen für Kunden eine größere Attraktivität dar und locken diese weg von der eigenen Apotheke. Wie auch immer die Änderungen aussehen, die Folgen werden immer die gleichen sein: die Umsätze sinken und die Erträge rutschen in den Keller.

Damit es nicht soweit kommt, sollte man Augen und Ohren stets offen halten und darüber informiert sein, was sich in der näheren Umgebung abspielt. Eine gründliche Analyse des Standortes, seiner Infrastruktur und eventuell anstehender städtebaulicher Maßnahmen geben daher Auskunft über die Zukunftsfähigkeit der Apotheke. Wer also rechtzeitig damit beginnt, seine Situation zu analysieren und aus dem Resultat die richtigen Schlüsse ableitet, hat genügend Zeit zu reagieren und sich auf die neuen Bedingungen einzustellen.

Änderungen abwägen und frühzeitig angehen

Sind die neuen Umstände bekannt, ist es hilfreich, sich einen professionellen Gesprächspartner an die Seite zu holen, mit dem man eine Bestandsaufnahme macht und anstehende Änderungen nach ihrer Dringlichkeit sortiert.

Allen voran sollte man die aktuelle Marktsituation betrachten. Denn im Gegensatz zu früheren Zeiten kann man nicht mehr davon ausgehen, dass man für seine Apotheke auf jeden Fall einen guten Kaufpreis erhält. Vieles hängt von Umständen ab, die nur individuell zu bewerten sind. Es ist sogar durchaus denkbar, dass für ein- und dieselbe Apotheke je nach Situation vollkommen unterschiedliche Preise bezahlt werden. Selbst für einen in kaufmännischen Dingen erfahrenen Apotheker ist es daher kaum möglich, hier die richtige Unterscheidung zu treffen; denn was in einem Fall genau die richtige Strategie ist, kann in einem anderen Fall vollkommen verkehrt sein.

Sollte die Attraktivität der Apotheke bei den Kunden durch mögliche Alterserscheinungen schwinden, wäre es jetzt unter Umständen übereilt, in teure Renovierungsmaßnahmen oder Technik zu investieren, insbesondere, wenn der erzielte Umsatz trotz allem nach wie vor auf einem halbwegs positiven Niveau liegt.

Da die Investition in eine groß angelegte Renovierung viel Energie erfordern würde, die eine Inhaberin oder ein Inhaber um die 60 vielleicht nur noch unwillig aufbringen möchte, ist es durchaus eine sinnvolle Entscheidung, zunächst alles größtenteils so zu lassen, wie es ist, und kurz vor dem geplanten Ruhestand nochmals eine gründliche Analyse zu erstellen. Denn es ist zu vermuten, dass mit dem Ergebnis eine Reihe von positiven Perspektiven sichtbar wird, die ein potenzieller Käufer durch eine Modernisierung der Apotheke gewinnbringend realisieren kann.

Im Gegensatz zum bisherigen Inhaber stellt dieses Ergebnis für den Kaufinteressenten eine große Motivation für die notwendige Investition dar, denn das ermittelte Potenzial verspricht ihm eine interessante Steigerung der bisherigen Rendite der Apotheke, die auch einen entsprechend hohen Kaufpreis rechtfertigt. Kleineren Schönheitsoperationen steht jedoch bereits jetzt nichts im Wege, sind diese doch ohne viel Aufwand möglich und die Kosten bleiben überschaubar. Wärmeres Licht, ein neu strukturiertes und dekoriertes Schaufenster sowie eine Verkleidung dunkler Holzpaneelen mit Spiegeln sorgen für ein aufgefrischtes Ambiente. Abgetretene Fußabstreifer bzw. Bodenbeläge im Kundenbereich zu erneuern oder bei Aufstellern eine klare Linie zu fahren, kann bereits wahre Wunder bewirken.

Vertragliche Hürden überwinden

Ein gutes Beispiel für die Brisanz, die in jedem Einzelfall steckt, ist der Umgang mit dem Mietvertrag, denn er hat das Potenzial, auch aussichtsreiche Verkaufsverhandlungen zum Schwanken zu bringen. Ist man selbst Eigentümer des Hauses, in dem sich die Apotheke befindet, liegt es in der eigenen Hand, die vertraglichen Bedingungen für einen potenziellen Nachmieter bedarfsgerecht zu gestalten.

Damit hat man natürlich einen entscheidenden Vorteil gegenüber Apothekerinnen und Apothekern, die nur Mieter der Räumlichkeiten sind. In diesem Fall ist es angebracht, rechtzeitig auf die Laufzeit des Mietverhältnisses zu achten. Ein potenzieller Nachmieter möchte nicht kurze Zeit nach der Übernahme von einer Mieterhöhung überrascht werden.

Schließlich ist sein Finanzierungsplan auf stabile Verhältnisse angewiesen, um der Bank die notwendige Sicherheit für die Gewährung eines Kredits geben zu können. Umgekehrt kann auch ein Vertrag mit langer Restlaufzeit zum Verkaufshindernis werden. Um nicht von den Konsequenzen des Mietvertrags eiskalt erwischt zu werden, empfiehlt es sich, rechtzeitig mit dem Vermieter zu sprechen, um fristgerecht die nötige Laufzeit sicherzustellen. Ähnlich sollte man auch mit allen anderen Verträgen verfahren, zum Beispiel mit den Leasing-Verträgen für das IT-System und dergleichen, damit man dem Kaufinteressenten von Anfang an den realen Aufwand für die Übernahme nennen kann.

Verkaufspreis realistisch einschätzen

Was die Preise für den Verkauf ihres Unternehmens betrifft, so haben viele Apothekerinnen und Apotheker oft zu hohe Vorstellungen. Nicht selten erwarten sie, dass sie dieselben Preise erzielen können, die zu der Zeit galten, als sie die eigene Apotheke erworben haben – und das liegt bei dem ein oder anderen schon 20 Jahre oder mehr zurück.

Der Apothekenmarkt hat sich in der Zwischenzeit jedoch rasend schnell weiterentwickelt, weshalb Inhaberinnen und Inhaber nicht selten aus allen Wolken fallen, wenn sie den realistischen Preis erfahren. Der Grund hierfür ist einfach nachzuvollziehen, denn nicht zuletzt steckt ja viel Herzblut, Zeit und Leidenschaft im eigenen Unternehmen.

Verhandlungsgeschick ist gefragt

Nach langer und sorgfältiger Suche haben Käufer und Verkäufer nun endlich zueinander gefunden, man hat eine gegenseitige Vertrauensbasis geschaffen und steht kurz vor dem Abschluss des Vertrags – und plötzlich platzt der Verkauf doch. Gründe dafür kann es viele geben, einer ist ganz entscheidend: Beide Seiten finden sich häufig zum ersten Mal in solch einer Situation, Erfahrungswerte und Routine fehlen.

Der Verkäufer kann zudem oft sein Lebenswerk nicht so einfach loslassen und wird von Zweifeln geplagt. Ist dies der richtige Schritt? Könnte nicht doch ein höherer Verkaufspreis erzielt werden? Ist der Käufer der richtige?

Auf der anderen Seite könnten den Käufer plötzlich Existenzängste überkommen, handelt es sich doch um eine sehr hohe Investition. Kann der Kredit abbezahlt werden? Ist es der richtige Schritt, sich von einem sicheren Angestelltenverhältnis in die Selbstständigkeit zu begeben? Mit gegenseitiger Wertschätzung, Einfühlungsvermögen und Verständnis für sein Gegenüber fährt man nun am besten – und kann letztendlich doch eine Lösung finden, mit der beide Vertragspartner einverstanden sind.

Autor: Bernd Schubert, s.s.p. Die Apothekenvermittler.
Quelle: JOURNAL FÜR DIE APOTHEKE
Ausgabe 4 / 2018